Hier ein Artikel aus der Saarbrücker Zeitung von heute. Kommt zwar keine vor, dafür Weinberge. Vielleicht würde der Artikel eher in den Zivilschutz-Thread passen, aber ich musste gleich an das Bild der Sirene im Weinberg denken und ich glaube, da war der Bunker da vielleicht ganz in der Nähe...
Gut frisiert durch den Atomkrieg
„Dokumentationsstätte Regierungsbunker“ bei Ahrweiler eröffnet – Besuch in einem Museum zum Kalten Krieg
Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Ein verwinkelt verlaufender Gang, eher schummrig und mit zwölf
Grad nicht gerade warm. Alle paar Meter tonnenschwere Stahltore, durch die man den nächsten Abschnitt betritt. Rechts und links Versorgungstrakte, Büros und Werkstätten, Sanitärbereiche und Schlafzimmer. Alles auf äußerste Funktionalität ausgelegt und von spartanischer Schmucklosigkeit. Eine Komfortunterkunft sieht anders
aus. Aber was will man von einem Bunker auch erwarten.
Offiziell nannte sich diese von 1960 bis 1972 in die Weinberge
oberhalb von Ahrweiler gestemmte Anlage zwar „Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes“, doch es blieb ein Bunker – nur kein herkömmlicher. Was am Samstag, 30 Kilometer südlich von Bonn, als „Dokumentationsstätte Regierungsbunker“ eröffnet wird, ist ein 200 Meter
langes Reststück. Von dem erst 1997 aufgegebenen, 19 Kilometer
umfassenden Stollenlabyrinth mit 83 000 Kubikmetern Nutzfläche
vermag es allenfalls eine Ahnung zu vermitteln. Doch einen Superlativ kann es für sich beanspruchen. Es ist – neben den Resten der Berliner Mauer – das wichtigste bauliche Relikt des Kalten Krieges.
Zwei neue Flügelbauten erschließen den Bunkertrakt. Die Fassaden aus selbstrostendem Stahl scheinen wie ein Signal auf Alter und Vergänglichkeit hinzuweisen. „Schließlich war die Anlage nie ein High-Tech-Bunker“, erklärt Bauleiter Markus Heibel vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, das für den Rückbau der Anlage zuständig
war. „Die Gebäudetechnik, die Sie hier sehen, spiegelt den Zustand
aus den 60er Jahren wider.“ Rund 150 zum Schweigen verpflichtete
Mitarbeiter des Regierungsbunkers sorgten im Schichtdienst für die Aufrechterhaltung des Status quo. „In neuere Lösungen wurde nie investiert“, erinnert sich Heibel. Dass das auch für das Schreibmaschinen-
basierte Büro und die medizinische Abteilung mit Angst einflößenden Zahnarzt-Gerätschaften galt, kann der Besucher beim Rundgang feststellen.
Das Tunnelmonstrum verschlang jährlich zehn Millionen Euro an Betriebskosten und Bauunterhalt. Neuanschaffungen Fehlanzeige. Mit Verwaltungsvorgängen voll gestopfte Ordner, die akribisch aufgeräumte Werkstatt, ein Frisierplatz oder die rosa Sitz-Garnitur des Bundespräsidenten, dem als einzigem eine Badewanne zustand, machen
kurzfristig vergessen, dass man sich in einem Bunker und bis zu 110 Meter unter der Erdoberfläche befindet. Wenn man es nicht besser wüsste, würde man nicht unbedingt darauf kommen, dass das seinerzeit für möglich gehaltene Grauen einer atomaren Auseinandersetzung
den Bau des Bunkers veranlasst hat. Mögen die vielen Sicherheitshinweise
auf den schrundigen Wänden des Hauptgangs oder die Dekontaminationsduschen etwas über reale Ängste verraten, die gesamte Anlage, über deren Bau die Führung der DDR von Anfang an bestens
unterrichtet gewesen war, bleibt in ihrer historischen Verortung
grotesk. Wie sollte es denn nach den 30 Tagen, die die 3000 Vertreter
aus Politik, Militär und Wirtschaft im Bunker ausharren konnten, weitergehen? Pläne zum Schutz der Zivilbevölkerung gab es jedenfalls keine.
Eine Frage, die sich für einen ehemaligen Mitarbeiter des Bunkers
so nicht gestellt hat. Walter Schürmann, der als Elektro-Ingenieur
30 Jahre für die Funktionsfähigkeit der Stahltore zuständig war, ist sich sicher, dass die Anlage dem Erhalt des Friedens gedient habe. „Davon bin ich bis heute fest überzeugt.“ Nun wird der Ruheständler bei Führungen
Besuchergruppen seinen früheren Arbeitsplatz erklären.
Sirene auf Tunnel
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