Die Absagekultur in Bezug auf Zivilschutz-Probealarme, die sich in den letzten Jahren in diesem Land etabliert hat, finde ich höchst besorgniserregend. Offensichtlich ist in den Köpfen vieler Menschen (und wohl auch vieler Verantwortlichen) die Sirene ausschließlich mit negativen Attributen assoziiert: Sirenengeheul --> Angst und Schrecken --> Massenpanik. Dies repräsentiert in meinen Augen eine völlig falsche - und im Ernstfall fatale - Sichtweise auf das Warnmittel
Sirene. Diese ganzen Abasagen vermitteln den Eindruck, als seien Sirenen lediglich dazu da, die Bevölkerung zu benruhigen/verunsichern/in Panik zu versetzen.
Wozu führt eine solche Sichtweise? Zu solchen Schlagzeilen:
Kreis in NRW löste Warnsirenen bewusst nicht aus
Die Schlagzeile bezieht sich auf den Rheinisch-Bergischen Kreis, wo bei der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr bewusst auf eine Sirenenwarnung verzichtet wurde. Dafür hat man dort in den letzten Jahren also in 69 Sirenen investiert!? Das ist doch geradezu grotesk: Im Ahrtal starben Menschen, weil die Sirenen aus (uns bekannten) technischen Gründen nicht ausgelöst werden konnten; und einige Kilometer entfernt wurden die Sirenen, die man im Ahrtal so dringend gebraucht hätte, extra nicht ausgelöst
Formulieren wir es doch mal postiv: Sirenengeheul --> Aufmerksamkeit --> besonnenes Handeln --> Sicherheit. Es steht außer Frage, dass das Heulen einer Sirene nie etwas Gutes verheißt. Aber die Reaktion auf den Alarm ist das Entscheidende. Die adäquate Reaktion auf das Signal "Warnung der Bevölkerung" müsste in den Köpfen der Menschen als Automatismus verankert sein. Und das erreicht man gewiss nicht, wenn man einen Probealarm nach dem anderen absagt.
Die Absagen "wegen Corona" waren schlichtweg lächerlich. So sehr ich mir auch Mühe gebe, das nachzuvollziehen - ich sehe da absolut keinen Grund.
Über die wahren Motive zur Absage des bundesweiten Warntags 2021 haben wir hier auch hinlänglich diskutiert; ich denke, dazu ist alles gesagt.
Die momentane Situation ist natürlich eine völlig andere! Allerdings sehe ich darin - so grausam die Ereignisse auch sind - eine Chance: Wurde nicht in der Vergangenheit immer wieder bemängelt, dass die Bevölkerung mit den Sirenensignalen nicht vertraut ist; dass Probealarme nicht ernstgenommen und nur als "nervig" und reine "Lärmbelästigung" empfunden werden? Die Menschen sind derzeit so empfänglich für das Thema Katastrophenschutz wie es seit Jahrzehnten nicht mehr der Fall war. Das ist eine Gelegenheit, die man nutzen sollte - nein, die man nutzen MUSS! Wenn der Probealarm auf breiter medialer Basis angekündigt wird, zudem noch mit dem Signal "Entwarnung" beginnt, sind jegliche Missverständnisse ausgeschlossen.
Ich hoffe inständig, dass der NRW-Warntag am 10.03.22 nicht auch noch abgesagt wird. Ansonsten sehe ich wirklich schwarz... Dann kann man die ganzen neuen elektronischen Sirenen, die aus dem Bundesförderprogramm finanziert werden, doch einfach ohne Treiber und Steuerung aufstellen! Würde Kosten sparen! *Ironie aus*.