Neue Erkenntnisse

Alles rund um pneumatisch betriebene Sirenen.
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MiThoTyN
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Neue Erkenntnisse

Beitrag von MiThoTyN »

Hallo Leute!

Habe heute Post von der Stadt Schwabach bekommen. Man hat mir nen dicken Satz Unterlagen über die demontierte HLS im Stadtteil Wolkersdorf geschickt. Unter anderem Schaltpläne, sämtliche TÜV-Prüfungsberichte des Drucklufttanks, eine Kostenaufreihung der Montage der Anlage und das Übernahmeprotokoll.

Aus den Unterlagen ergaben sich einige interessante Neuigkeiten, die ich euch hier mitteilen will.

Bild

Das Deckblatt des Übernahmeprotokolls. Dieses Dokument wurde damals mit der HLS an die Stadt Schwabach übergeben. Damit ist der komplette Werdegang und der Aufbau der Anlage dokumentiert. Alle im unteren Teil genannten Anlagen habe ich vorliegen.

Besonders interessant ist hier der mittlere Teil, der die Baugruppen der HLS auflistet. Hier klärt sich nun endgültig das Schema der Seriennummern der HLS. Zusammengefasst sind das folgende :

(xx = Jahr, yyy = Fabriknummer)
xx G yyy = Schallgeber/Sirenenmotor
xx S yyy = Schaltschrank
xx T yyy = Treibstofftank
xx B yyy = Maschinenbunker
xx M yyy = Mast


Bild

Diese Seite ist auch sehr interessant, da sich hier weitere Fragen endlich klären und wir einige neue Daten bekommen. Der Schallgeber der HLS wird im Optimalfall tatsächlich mit den vollen 15bar betrieben und wenn der Druck im Kessel sinkt, dann sinkt auch der Druck am Schallgeber, was aber keinen großen Einfluss auf die Lautstärke gehabt haben muss.

Weiter lässt sich hier ablesen, dass der Sirenenmotor ohne Luft nur 7 A Strom benötigt, während er mit Druckluft stolze 22 A zieht. Das beweist, dass die Druckluft dem Drehmoment des Motors entgegenwirkt und ihn abbremst. Das wiederum erklärt, warum ich bei meinem HLS-Kopf das typische heulen noch nicht hinbekommen habe, weil der Motor einfach zu schnell dreht und in den 2 Sek Pause nicht genug abgebremst wird.

Weiter ist hier zu lesen, dass in 2m Entfernung vom Schalltrichter gigantische 144,5 dB zu messen sind. Auch der Abstand des Rotors vom Stator ist mit 0,08mm ein sehr imposanter Wert.

Hier auch nochmal schön zu erkennen ist die Fabriknummer des Sirenenkopfes, nämlich 79 G 273-622. Diese Angabe deckt sich syntaktisch mit der des demontierten Sirenenkopfes aus Darmstadt, dessen Fabriknummer 88 G 273-870 lautet. Das beweist, dass die HLS am Zentralbad 1988 gebaut wurde und die Fabriknummer 870 lautet. Das führt allerdings zu anderen Problemen, die an anderer Stelle erläutert werden.

Ebenfalls vorhanden sind die elektrischen Schaltpläne der HLS-Steuerung, die das Firmenlogo von ABEG tragen. Die Firma ABEG hat wohl damals im Auftrag von Hörmann die Schaltschränke bestückt und geliefert. In diesem Zusammenhang lässt sich auch endlich klären, was die Angabe "Typ 78-2" (oder ähnlich) auf manchen Typenschildern bedeuten.

Diese Angabe bezeichnet den Typ und damit wohl das Innenleben der Schaltschränke. Die Anlage in Wolkersdorf hat einen Schaltschrank vom Typ "79-4". Die beiden HLS, die ich in der Schweiz begutachten konnte, hatten den "TYPE 78-2" und in der Datenbank kann man bei der HLS Immelberg "TYPE 74-2" ablesen. Worin genau der Unterschied liegt ist mir aber nicht bekannt. Vielleicht hatten die Sirenen vom Bund ein anderes Innenleben, als die ins Ausland verkauften HLS.

Aus den Unterlagen geht weiter hervor, dass den Drucklufttank für diese Anlage die Firma "Slawinski & Co. GmbH" aus Siegen gebaut hat. Hier liegen Auftragsbescheinigungen, Schweißvorschriften, Materialnachweise und eben sämtliche Prüfungen des TÜV vor.

Zu guter letzt eine Zahl: Der komplette Aufbau der Anlage in Wolkersdorf kostete 50.000 DM. Dabei sind die Kosten der eigentlichen Anlage nicht enthalten. Diese Kosten für den Aufbau sind auf ~20 Seiten genau aufgeschlüsselt. Unter anderem entstehen Kosten durch einen 500m langen Graben, in dem das Steuerkabel zum nächsten Haus verlegt wurde. Auch entstanden Kosten durch das Fällen von mehreren Bäumen am Standort und das Wiederbegrünen der Baustelle. Wahnsinn, wie viele und vor allem welche Arbeitsschritte alle ausgeführt wurden.

Soweit erstmal!

Gruß Joachim
Zuletzt geändert von MiThoTyN am Samstag 3. Februar 2007, 01:30, insgesamt 1-mal geändert.
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Abi2612
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von Abi2612 »

Interessant!

Die Firma Slawinski hat auch schon die Tanks der F71 gebaut. Das geht aus meinen alten Fotos von der F71 in Köln-Mechenich hervor, der ersten, die ich mir jemals angeschaut habe.

Daß die Bunker-Teilenummern mit "B" beginnen, hatten wir ja auch schon ermittelt. Schön, daß wir nun die offizielle Erklärung für alle Teile haben.
Zuletzt geändert von Abi2612 am Samstag 3. Februar 2007, 01:50, insgesamt 1-mal geändert.
Maeks
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von Maeks »

Die Fima ABEG war in Hausham ( Landkreis Miesbach in Bayern) und gehörte zu Hörmann. war eine Tocherfirma und war auf Behälterbau spezialisiert. Die bauten auch die Diesletanks für die HLS273 Die Firma aber gibt es nicht mehr.

Gruß Maeks
Tyfon

Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von Tyfon »

Ich dachte immer die HLS Sirenen würden bei vollem Druck über 130 Dezibel auf 30m schaffen.

144,5 dB in 2m = 150,5 dB in 1m = 121dB in 30m bei 415Hz

um 131 dB in 30m zu schaffen müsste man in 2m 154,5 dB messen können. In einem Meter Entfernung läge der Wert gar bei 160,5 dB.

bei 144,5 dB 2m / 415 Hz müsste die Hörweite bei ca 4 Kilometern (nur noch ca 68 dB ) liegen.
ReinhardG
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von ReinhardG »

Ich dachte immer die HLS Sirenen würden bei vollem Druck über 130 Dezibel auf 30m schaffen.

144,5 dB in 2m = 150,5 dB in 1m = 121dB in 30m bei 415Hz
Die Spitzenlautstärke dürfte sehr von der Resonanzfrequenz der Hörner abhängen. Ob die bei 415 Hz liegt oder bei 400 Hz oder woanders, wissen wir leider nicht. Mir kam es immer so vor, als wenn die Lautstärke beim Herunterlaufen kurz zunimmt.

Gruß - Reinhard.
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MiThoTyN
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von MiThoTyN »

@Reinhard

Na ich geh schon davon aus, dass die Trichter auf den deutschen Einheitston, nämlich die 415 Hz "geeicht" sind. Warum sollten die von einer anderen Frequenz ausgehen.


@Tyfon
Schau dir die 2te Seite nochmal an und rechne das ganze mal mit 2,5m. Wenn ich die Angaben dort richtig deute, wurden die 144,5dB bei 2,5m gemessen. Haut das dann besser hin?


Gruß Joachim
Tyfon

Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von Tyfon »

Ah stimmt ja. Also bei 2,5 m wären es dann 123 dB auf 30,5 m - vorausgesetzt meine Berechnungsgrundlage stimmt. Ich werde dir das File zur Berechnung mal per Mail zusenden.
ReinhardG
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von ReinhardG »

Na ich geh schon davon aus, dass die Trichter auf den deutschen Einheitston, nämlich die 415 Hz "geeicht" sind. Warum sollten die von einer anderen Frequenz ausgehen.
Könnte man z.B. machen, um den Heulton in der Lautstärke konstanter erscheinen zu lassen. Sonst bekommt man im Extremfall einen ähnlichen Effekt wie bei einer Motorsirene, nur dass die Lautstärke nicht wegen verringertem Luftdurchsatz abfällt, sondern wegen Verlassens der Resonanzfrequenz der Hörner. Ich würde daher vermuten, dass mal die Hörner auf irgendeinen Mittelwert abgestimmt hat und nicht auf den Dauerton. Der läge dann am oberen Ende des Frequenzfensters und wäre immer noch laut genug.

Also jedenfalls würde ich das so machen, wenn ich so etwas konstruieren sollte.

Gruß - Reinhard.
eiserner Wolf

Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von eiserner Wolf »

Hallo ich war heute in Wolkersdorf und habe mal die ehemalige Hls fotografiert. Wie sie heute noch aussieht.
Bild
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Kobold
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Standort?

Beitrag von Kobold »

Mal 'ne Frage an die „HLS-Jäger“ unter euch:

Wo genau steht denn der Antennenmast?

Ich war vergangenes Wochenende in Wolkersdorf unterwegs, aber der in Google Earth entdeckte Mast hatte dann vor Ort mit dem einer HLS nicht wirklich viel gemeinsam.
Fox 1

Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von Fox 1 »

Das Thema ist über 3 Jahre alt. Vielleicht mal unter Hochleistungssirene.de gucken. Soweit ich dort sehen konnte, handelt es sich um die HLS "Wolkersdorf" in Schwabach. Ist als demontiert eingetragen. Aber wenn dort Mobilfunkantennen installiert ist, ist ja nicht alles demontiert.
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MiThoTyN
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von MiThoTyN »

@Kobold

Ich war vor ein paar Wochen in Wolkersdorf und hab mir die Überbleibsel mal angeguckt. Der Standort ist echt schwer zu finden, weil man ihn von der Straße aus kaum sieht.

Du musst in Wolkersdorf in die "Rotenbergstraße" fahren. An der Ecke zur Straße "Mühlberg" ist direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite ein kleiner Fußweg, der am Waldrand entlang geht. Da musst du rund 50-100m in den Wald laufen und dann steht auf der rechten Seite der ehemalige HLS-Mast. Alle weiteren Komponenten wurden demontiert.

Gruß Joachim
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Kobold
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von Kobold »

Vielen Dank Joachim

Genau die Antwort habe ich mir erhofft.

Sorry für die Ausgrabung des alten, jedoch sehr interessanten Beitrags.

Gruß
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turboquattro
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Re: Neue Erkenntnisse

Beitrag von turboquattro »

Noch zur Vereinfachung ein Luftbild. Dort wo der Sendemast eingezeichnet ist, ist der Mast der ehemaligen HLS.

Gruß
Mario
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Wolkersdorf_Standort.jpg
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