Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

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Schramm
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Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von Schramm »

Guten Tag liebe Community,

bin neu registriert und möchte mich, bevor ich hier loslege, kurz vorstellen.
Jahrgang 1979, seit zwei Jahren Stv. Wehrführer einer Stadtteilwehr (Riedstadt-Goddelau) mit 6900 Einwohnern in Südhessen. Vorher 20 Jahre Gerätewart und interessiert an der Sirenentechnik und -geschichte.
Im Jahre 2003 wurden bei uns im Ortsgebiet leider alle vier E57- Sirenen abmontiert und durch eine ECN 1800 ersetzt.
… und schon kommen wir zum Thema 😊

Dieses Jahr feiern wir unser 100-jähriges Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr. Zu diesem Anlass geben wir ein Chronikbuch unserer Feuerwehr heraus.
Ein Abschnitt befasst sich u.a. mit der damaligen Alarmierung.
Leider gibt es so gut wie keine Zeitzeugen mehr (entweder verstorben oder können sich nicht mehr erinnern) die wir hier befragen können. Ich habe nun die Hoffnung, dass man mir hier weiterhelfen kann.
Bild1.jpg
Bild2.png
Es geht um folgendes:
In unseren alten Protokollbüchern wird mehrmals der Versuch unternommen,
Zitat:
„18.8.71
Im Zuge des Rathausneubaus […] wird beantragt, daß die Feuerwehrsirene mit den Katastrophensirenen gekoppelt wird.“
Zitat Ende
Dieser Versuch bzw. Erinnerung steht mehrmals in den Protokollbüchern.

Nun zur Frage:
Gab es in dieser Zeit zwei verschiedene Sirenennetze in Deutschland? Hat dies etwas mit dem Aufbau der Warnämter zu tun gehabt? Würde das bedeuten, dass die Katastrophensirene (siehe Bild 1) nur zur „Warnung der der Bevölkerung“ (früher: Fliegeralarm, nuklearer Zwischenfall etc.) vorgesehen war?
Die Feuersirene (siehe Bild 2 die E47 auf dem Dach) hingegen etwas kommunales, nur für die Feuerwehr, darstellte? Früher (vor einer Sirenensteueranlage per Funk) gab es bei uns im Ort für jede Sirenenstandort Druckknopfmelder, den man betätigen musste.
Desweiteren ist mir auch bekannt, dass die Kommunen in den 90er die E57- Sirenen des Bundes (da die Warnämter aufgelöst wurden) teilweise übernommen haben. Die Sirene auf dem Bild 1 ist ca. 1954 aufgenommen worden und keine E57.

Hat das Koppeln der Sirenen bedeutet, dass man sowohl „Feueralarm“ und „Warnung der Bevölkerung“ (so wie es heute sichergestellt ist) schon damals angestrebt hat? Wie wurde damals dann alarmiert? Wären dann die kommunalen Feuersirenen in das Warnnetz des Bundes eingegliedert worden?

Kann mich hier jemand ein wenig aufklären wie das Ganze damals ausgesehen hat? Sorry, für den langen Text!
Vielleicht ist auch so etwas spezielles nur bei uns gelaufen…

Liebe Grüße
Marcus
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Lint41
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Re: Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von Lint41 »

Hallo Marcus und willkommen im Forum!

Ich versuche mich mal an einer Antwort, für detailliertere Antworten gibt´s hier Spezialisten ;-)

Richtig, es gab mehrere unabhängige Sirenennetze. Das vom Bund errichtete Sirenennetz zur Warnung der Bevölkerung wurde meines Wissens nahezu ausschließlich mit neu errichtete E57 und den Hochleistungssirenen betrieben. Wenn eine Gemeinde vielleicht noch aus Kriegszeiten eine alte Luftschutzsirene hatte, wurde diese dann ausschließlich für die Alarmierung der freiwilligen Feuerwehr benutzt. Um aber Schalllücken zu schließen, wurden häufig Verhandlungen mit dem Bund geführt, die Bund-Sirenen auch ins städtische Sirenennetz zu integrieren, ihnen also auch den Feueralarm "beizubringen". In einigen Fällen - Bilder findest Du hier im Forum - haben die Verhandlungen offenbar keinen Erfolg gehabt, sodass in kurzer Distanz, teilweise auf dem gleichen Dach nebeneinander 2 Sirenen installiert waren, die Bund-Sirene und die Feuerwehrsirene. Die eine wurde dann eben vom Warnamt über die Postleitungen für die Bevölkerungswarnung eingesetzt, die andere zum Beispiel durch einen Druckknopfmelder am Gebäude und später (keine Ahnung ab wann es das gab) Funkalarmierung.

In Deinem Fall wundert mich aber, dass die alte Sirene (vermutlich eine Siemens FmS1 41) die Katastrophensirene und die E57 die Feuersirene sein soll. Logischer wäre das für mich anders herum, da ja normalerweise der Bund die E57 für die Bevölkerungswarnung errichtet hat.

Vielleicht hat jemand der übrigen Kollegen hier eine Idee?

Viele Grüße aus dem Sauerland
Steffen
Schramm
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Re: Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von Schramm »

Hallo Steffen,

danke für Deine Antwort.
Die E57 Sirene auf dem Bild wurde 1971 (nach Neubau des Rathauses - im Hintergrund) auf das vordere Haus montiert.

Vorher gab es auf dem alten Rathaus eine andere Sirene.
Ich denke, dass ist eine Sirene aus dem 2.Weltkrieg? (Siehe Bild - gleicher Standort)

Dankt Euch schonmal für weitere Antworten. :-)

Gruß
Marcus
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hoffendlichS3
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Re: Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von hoffendlichS3 »

Moinsen!

Der Bund stellte sich bei manchen Kommunen/Landkreisen quer, die Alarmierung der Feuerwehr ebenfalls über
die vom Warndienst aufgestellten Sirenen mit zu alarmieren, obwohl es steuerungstechnisch so vorgesehen
war, dass das Signal vom Warnamt IMMER Vorrang über der Auslösung der Feuerwehr hatte.
Daher rührt wohl auch der Eintrag "Versuch".
Eben wie Lint schon beschrieb gab es daher auch immer mal zwei Sirenen auf einem Dach. Eine BUND, eine Kommune.

Die Fernwirkempfänger erkennen dies darüber, das eine Steuerspannung anliegt, obwohl sie selber keinen
Takt ausgeben. Dies hat einen Abbruch des laufenden Signals und eine Sperrzeit von einer Minute zur Folge.
Diese eine Minute war so gewählt, da die Sirenensignale im Allgemeinen so lange dauern.
In dieser zeit werden keine alarme ausgewertet bzw. Angenommen und abgespielt.
Es gab sogar extra Sperrzeitrelais (Der Momme zeigt gerade so eines) was eben auch diese Funktion erfüllt.

Die Auslösung der Sirenen über das Warnamt erfolgte meines Wissens nach immer über Draht.
In manchen fällen über Umwege, wenn es z.B. eine FMAS gab, kam das Warnamtssignal dort an den Klemmen ÜÖ an,
und wurde dann auf die angeschlossenen Sirenen weiter verteilt.
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ECN 2400
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Re: Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von ECN 2400 »

Hallo Marcus,

komme ganz bei dir aus der Nähe, aus Darmstadt.

Als kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges der kalte Krieg begann wurde mit Einführung der ersten Gesetze im Bereich Zivilschutz auch die Warnung der Bevölkerung wieder aktuell.
Da die E 57 noch nicht am Markt war, kein Geld und überhaupt wenig Resurcen zur Verfügung standen, wurde vom Bund die Anweisung ausgegeben alle noch vorhandenen Weltkriegssirenen (ebenso wie die noch vorhandenen Bunker), soweit möglich wieder einsatzbereit zu machen.
Bis diese durch E 57 ersetzt wurden blieben die Weltkriegssirenen im Dienst, teilweise wurden sie erst mit Auflösung des Warndienstes demontiert.

Die Doppelnutzung der Sirenen war im "Normalfall" immer möglich wenn die Gemeinde den Alarmierungsweg für den Feueralarm (in DA z.B. erst über Rundsteuerempfänger, später über FWE) aus eigener Tasche bezahlte.
Das es manchmal an der Zusammenarbeit der verschiedenen Dienststellen mangelte führte zu den erwähnten zwei Sirenen auf einem Dach.
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Re: Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von Fireman1984 »

Soviel ich weiß hatten die Warnämter auch die Möglichkeit ein grade
laufendes Feueralarm-Signal abzubrechen und sofort mit Luft-
oder ABC-Alarm weiter zumachen falls nötig.
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hoffendlichS3
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Re: Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von hoffendlichS3 »

Ja, das ist wie ich oben erwähnte die Warnamtsvorberechtigung.

Das Signal wurde aber nicht bewusst vom Warnamt abgebrochen.
Die haben eines ausgelöst, das wurde vor Ort erkannt (siehe Beschreibung oben) und vor Ort abgebrochen.
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Schramm
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Re: Kopplung "Katastrophensirene" mit "Feuerwehrsirene"

Beitrag von Schramm »

Hallo,

entschuldigt meine späte Antwort.
Also vielen lieben Dank für Eure Hinweise.

Grüße
Marcus
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